Wie Haussmann Paris veränderte

Die moderne Hauptstadt, die wir heute kennen, mit ihren großen Boulevards und harmonischen Gebäuden, entstand während des Zweiten Kaiserreichs. Sie ist das Werk zweier Männer: des Barons Haussmann und des Kaisers selbst. Das verschönerte, modernisierte und sanierte Paris sollte mit London konkurrieren. Aber es gab auch andere Gründe für die Umgestaltung: Die breiten Avenuen sollten verhindern, dass bei Aufständen Barrikaden errichtet wurden.

 
 

Paris verschönern, sanieren und kontrollieren

Diese Gebäude stehen in Berlin, London und Paris. Haben sie das Pariser Gebäude erkannt ? Es hat nämlich einen besonderen Stil.

Zunächst ist es aus großen Steinquadern gefertigt. Es hat eine reich verzierte Fassade, Statuen der Mythologie, Fantasiewesen, exotische Fauna und Flora und sechs Etagen. Sehen sie ! Im Erdgeschoss befinden sich meistens Läden. Dann kommt der erste Stock auch Hochparterre genannt, der zweite Stock, die sogenannte « noble Etage » mit durchgehendem Balkon ist für die Reichen bestimmt ; dann der dritte und der vierte Stock ohne Balkon, der fünfte Stock wieder mit Balkon und hier der sechste, direkt unter dem Dach, wo früher die Dienstboten in winzigen Zimmern wohnten. Die Aussicht ist toll aber im Sommer erstickt man !

Die Pariser wissen, dass dies ein typisches Haussmann Gebäude ist, sowie mehr als die Hälfte aller Pariser Wohnhäuser. Haussmann ? Ja, der berühmte Baron Georges Eugène Haussmann, der aus einem Kölner Familie stammt, die seit sechs Generationen im Elsass lebte. Er war der Präfekt des Großraums Paris ab 1853.

Paris vor Haussmann: eine unhygienische Stadt

Man muss wissen, dass Paris mitte des neunzehnten Jahrhunderts eine labyrinthartige pittoreske Stadt mit prächtigen Stadthäusern ist. Aber auch schmutzig und gefährlich, mit engen dicht bevölkerten Gassen, in denen man nur schlecht vorankommt. Kurz : die Stadt hat sich seit der Revolution kaum verändert.

Napoleon der dritte war in London im Exil und nimmt die englische Metropole zum Vorbild, die sich seit der industriellen Revolution vollkommen verändert hat, mit ihren großen Avenuen, Parks und Bahnhöfen. Es ist Zeit, dass auch Paris modernisiert wird. Nach dem Motto « alles soll fließen », die Luft, die Menschen, das Geld. Für sein Vorhaben braucht Napoleon der dritte einen tatkräftigen Mann, der diesen tiefgreifenden Umbau umsetzen kann : das ist der Baron Haussmann, ein Mann der Ordnung. Er liebt nichts mehr als gerade Linien, Hygiene, Autorität. Sein Motto : mehr Raum, vereinheitlichen, verschönern.

Eine gigantische Baustelle

Das effiziente Team verändert Paris in Rekordzeit : in knapp 20 Jahren werden 70 neue Schneisen gezogen, neun Brücken gebaut oder vergrößert, 40.000 Wohnhäuser gebaut, 585 Kilometer Kanalisation, 20 Grünanlagen, zwei große Parks angelegt, 80.000 Bäume gepflanzt und die Stadtwälder Bois de Vincennes und Bois de Bourgogne.

Zur Verschönerung wird alles aneinander angeglichen. Dachsimse, Balkone, Fassaden. Auch das Stadtmobiliar wird vereinheitlicht : die Kioske, die Werbesäulen, die Laternen, die Bänke bis hin zu den Gittern, die die Bäume schützen. Um den Verkehr innerhalb der Stadt zu verbessern, legt Haussmann neue Achsen an. Die Champs-Elysées, die Boulevards Saint-Michel und Magenta, die Avenue Foch, die rue de Rivoli, an denen entlang die Kanalisationrohre verlaufen. Jeder Durchbruch gibt den Blick auf eine Sehenswürdigkeit frei. Bei den Einweihungen wird das Panorama hinter Vorhängen versteckt, die beim öffnen den Blick freigeben : auf eine Kirche, eine Oper, eine Reiterstatue oder einen der prunkvollen Pariser Bahnhöfe, die in dieser Zeit entstehen und den industriellen Fortschritt symbolisieren. Genau! Als Finanzmann will Haussmann, dass das Kapital fließt. Und in den Bahnhöfen kommt die Handelsware an, die die gerade entstandenen großen Kaufhäuser wie den Bon Marché und das Printemps beliefern.

Sie sehen es : ein Drang nach Modernität und Hygiene bestimmt den Stadtplaner.

Die Pariser besser kontrollieren

Aber einige kritisieren die Maßnahmen für mehr Sicherheit, die weniger glorreich sind. Nach den Aufständen von 1830 und 48 soll Haussmann einen neuen Bürgerkrieg verhindern und den Bau von Straßenbarrikaden in Paris unmöglich machen.

Dafür erweitert er die Straßen und zieht gerade Linien zwischen den Arbeitervierteln und den Feuerwehrkasernen. Um seinen Plan umzusetzen zerstört Haussmann und das nicht zu knapp : das Paris des 16 und 17 Jahrhunderts verschwindet fast vollständig von der Landkarte. Sogar das Geburtshaus des Barons wird zerstört. Reste des alten Paris habe nur im Marais und in der Faubourg Saint-Germain überlebt.

Bei seinem Umbau kommt aus mal ein neues Gesetz zur Enteignung aus öffentlichem und hygienischen Interesse zu gute, womit ein Teil der ärmeren Bevölkerung aus dem Zentrum an den Stadtrand gedrängt wird.

All das zieht natürlich riesige Kosten mit sich. Haussmann verschuldet die Stadt mit zweifelhaften Immobilientransaktionen bis zum äußersten. Weshalb er 1870 kurz vor dem Ende des zweiten Kaiserreichs in Ungnade fällt.

Heute sind diese Aspekte vergessen. Haussmanns Veränderungen flüssen gemeinhin Bewunderung ein und ziehen Touristen aus der ganzen Welt an. Seine Bauarbeiten fanden in Europa Nachahmer. Der bekannteste ist James Hobrecht ,der Berlin Ende des neunzehnten Jahrhunderts vollständig sanierte. Im Gegensatz zu Paris ist davon jedoch kaum noch etwas zu sehen. Dazu wurde Berlin im letzten Jahrhundert zu oft zerstört und wieder aufgebaut.

[Musik]

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